Kreativwirtschaft in Reinkultur

Die Kaiserstraße 4 in Kiel-Gaarden gilt als eine der kreativsten und produktivsten Adressen im Stadtteil. Am 11. Juni wird dort gleich aus drei Anlässen gefeiert.

Drei Mal Zehn“ lautet das Motto, unter dem in und an dem imposanten Backsteinbau nahe der Werftstraße am Sonnabend zwischen 15 und 23 Uhr ein pralles Programm für alle Altersgruppen geboten wird. Gemeint sind damit drei zehnte Jahrestage, von denen – wie in diesen Zeiten ziemlich üblich – allerdings zwei wegen der zurückliegenden Corona-Wirren mit Verspätung gefeiert werden.

Tatsächlich wäre es für die Ateliers am Werftpark schon 2020 das Zehnjährige gewesen und fürs ebenfalls dort ansässige Restaurierungszentrum das Jahr 2021. Wirklich dran ist als Dritter im Bunde der Verein Kulturwerft, sodass genaugenommen zwei nachgeholte und ein echter Jahrestag gewürdigt werden.

Ganz so wichtig ist das allerdings gar nicht, denn irgendwie hängt sowieso alles miteinander zusammen. Die Klammer bilden dabei Sabine und Christian Leonhardt. Das Ehe- und Restauratorenpaar hatte lange Zeit in einem Teil seines Privathauses in Mönkeberg gearbeitet – und kam angesichts der immer ärgeren Enge auf die Idee, ein großes Haus für vielerlei Fachkräfte rund ums Restaurieren, aber auch für andere Kreative zu schaffen.

Dreifacher Jahrestag in der Kaiserstraße 4. Sabine Leonhardt (links) und Beate Ebert gehen mit Humor und Elan daran.

„Die Substanz war sehr gut, aber von den Fußböden bis zum Dach bestand großer Renovierungsbedarf“, erinnert sich Sabine Leonhardt. Gleichwohl war der Bedarf so groß, dass sich die Kaiserstraße 4 füllte, kaum dass der Erneuerungsprozess begonnen hatte. Drei von inzwischen sieben Ateliers waren schon 2010 besetzt, mit Angela Kaiser und Christine Slezak sind zwei Künstlerinnen immer noch dabei.

Ähnlich entwickelte sich das Restaurierungszentrum, das ein Jahr später mit den beiden Leonhardts sowie vier weiteren Fachkräften an den Start ging und heute aus 13 Personen besteht. Von Wandmalerei und Architekturoberflächen über Bücher und Papier bis zu Metall, Möbeln, Holz oder Gemälden und Leder decken die Fachleute ein denkbar breites Spektrum ab. Wirtschaftlich arbeiten sie durchweg eigenständig, Kooperationen gibt es je nach Projekt aber immer wieder.

Zehn weitere Frauen und Männer haben sich in der Kaiserstraße 4 zudem mit anderen Kreativberufen eingerichtet. Von Textilien bis Tischlerarbeiten, vom Tanz- und Yogastudio bis zum freien Journalisten (der im Übrigen Verfasser dieses Textes ist) tummeln sich allerhand Leute, deren Geschäft es ist, sich etwas einfallen zu lassen.

Für kreative Gemeinsamkeit steht dabei der Verein Kulturwerft. 2012 zunächst gegründet, um zunächst in erster Linie Belange der Kultur- und Denkmalpflege ins Licht zu rücken, hat dieser Verein mit der Zeit ebenfalls sein Spektrum stark erweitert. Was unter anderem an Leuten wie Beate Ebert liegt, die jede Woche Kinderkunst mit 40 Mädchen und Jungen macht sowie unter Regie der Kulturwerft zusammen mit dem Gaardener Künstler Detlef Schlagheck und anderen Kreativen aus dem Stadtteil seit mehreren Jahren fürs „Kunstcämp Katzheide“ zuständig ist. Vor den Toren des Sommerbades wird sie auch in diesen großen Ferien wieder junge Leute spielerisch ans künstlerische Arbeiten heranführen.

Von der Werftkrankenkasse zum Kreativzentrum. Das denkmalgeschützte Haus Kaiserstraße 4 wurde im Jahr 1928 erbaut.

Gefeiert wird in der Kaiserstraße 4 am Sonnabend, 11. Juni, von 15 bis gegen 23 Uhr. Es gibt Führungen durchs Haus, Kinderkunstaktionen im Freien, um 18 Uhr eine Kunstauktion und viel Musik zum Beispiel mit Handpan Music von Maie, dem Duo Saitenschwung oder der Gruppe „Biets“ mit Pop aus dem Mönkeberger Königsmooor. Jacob Milewic, ausgezeichnet mit dem Jungen Kieler Kulturpreis, fertigt außerdem in einem Live-Act ein großflächiges Gemälde an.

Am Abend von 21 Uhr an  lockt „DJane Oliv“ zum Tanzen, gegen 23 Uhr gibt es eine Feuer-Performance.

Denkmal mit Modellcharakter

Das Haus Kaiserstraße 4 in Kiel-Gaarden hat Geschichte. 1928 wurde es nach einem Entwurf von Regierungsbaumeister Hermann Seeger (Berlin) als Werftkrankenkasse für die Deutsche Werft AG erbaut und bot ein Innenleben, das sich sehen lassen konnte: Ärztliche Betreuung, Heilbäder und Massagen, dazu ganz oben eine Liegeterrasse für Tuberkulosekranke machten das Gebäude zu einem für die damalige Zeit äußerst bemerkenswerten Gesundheitszentrum mit Wellness-Elementen. In dem denkmalgeschützten Gebäude befindet sich neben Restaurierungswerkstätten und Ateliers seit 2020 auch ein Teil der Technischen Fakultät der Uni Kiel.

Von der Werftkrankenkasse zum Kreativzentrum. Das denkmalgeschützte Haus Kaiserstraße 4 wurde im Jahr 1928 erbaut.