Zur Lage – Soforthilfen für Kunst-, Kultur- und Kreativschaffende in Schleswig-Holstein

Zur Lage
Das vom Bundeskabinett beschlossene Vergabeverfahren regelt, dass Soforthilfen (nicht zurückzahlbare Unterstützungen) nur im Falle von existenzbedrohlichen Liquiditätsengpässen die durch laufende Betriebskosten verursacht werden ausgezahlt werden. Demnach kann man die Soforthilfe nur beanspruchen, wenn man überhaupt nennenswerte Betriebskosten belegen kann. Entscheidend dabei ist, dass das monatliche Gehalt eines/r Soloselbständigen nicht als Betriebskosten sondern als Privatentnahme gilt – im Gegensatz zum Geschäftsführergehalt in einer GmbH. Somit können zahlreiche Einzelunternehmer*innen, die z.B. ohne großen Mitteleinsatz von zu Hause aus arbeiten meistens nur ihren Heimarbeitsplatz als Betriebskostenfaktor miteinbeziehen – dies aber auch nur, wenn dieser bereits vorher steuerlich anerkannt war.
Dies betrifft vor allem Kunst-, Kultur- und Kreativschaffende, aber auch andere Solo-Selbstständige wie z.B. Fahrradkurier*innen und Physiotherapeut*innen.
Ausnahmen machten Hamburg, Berlin und Nordrhein-Westphalen, diese zahlten innerhalb weniger Tage mehrere tausend Euro Soforthilfen aus – allerdings sind die Kassen dort nun erst mal leer. Einzig Baden-Württemberg berücksichtigt Solo-Selbstständige weiterhin mit einem monatlichen Grundeinkommen in Höhe von 1180€, gezahlt aus Landesmitteln.
Wird es also finanziell durch wegfallende Honorare eng, dann wird man in den anderen Bundesländern (so wie auch in Schleswig-Holstein) auf die Grundsicherung verwiesen. Immerhin, der so gepriesene schnelle, vereinfachte und unbürokratische Zugang zur Grundsicherung klingt erst mal gut – entspricht aber wohl nicht der Realität.
Einerseits müssen auch in der jetzigen Situation sehr viele Formulare ausgefüllt und für alles Belege erbracht werden bevor ein Antrag überhaupt bearbeitet wird – was grundsätzlich nachvollziehbar ist. Da dabei immer die gesamte sogenannte Bedarfsgemeinschaft geprüft wird müssen auch die anderen Teilnehmer*innen der jeweiligen Gemeinschaft (Lebenspartner*innen, Mitbewohner*innen mit gemeinsamer Haushaltskasse z.B.) Zahlen und Belege liefern. Dies bedeutet eine aufwendige Beantragung – aber auch lange Wartezeiten (mehrere Wochen) durch das große Prüfvolumen an Anträgen und deren komplexen Unterlagen.
Was man noch dazu wissen muss: Trotz gegenteiliger Angabe wird wohl weiterhin mancherorts die Vermögensprüfung praktiziert. Keine Grundsicherung erhält man, wenn die Bedarfsgemeinschaft insgesamt als erheblich vermögend gilt. Laut Definition einiger Ämter stellen Werte in einer Höhe von z.B. über 9.000€ ein erhebliches Vermögen dar (dieser Betrag variiert bei den Ämtern erheblich). Aber Achtung: Bei diesen Vermögenswerten geht es nicht zwingend nur um liquide Barmittel, sondern es werden wohl auch Werte in Form von z.B. privater Altersvorsorge, Berufsunfähigkeitsversicherungen und Besitztümer wie Autos, Musikinstrumente und Computer einberechnet. Bevor man also bezugsberechtigt ist kann man aufgefordert werden, Versicherungsverträge aufzulösen und ggf. auch für die Berufsausübung relevante Gegenstände zu veräußern.
Diese Praxis verkleinert die Gruppe der Bezugberechtigten enorm – vor allem wird dadurch aber wohl auch der Großteil eigentlich Bezugsberechtigter im Vorfeld abgeschreckt überhaupt einen Antrag zu stellen. Umfragen des Verbandes der Gründer und Selbstständigen (VGSD) zeigen nämlich, dass trotzdem ein Großteil der Kunst-, Kultur- und Kreativschaffenden antragsberechtigt ist. Also: Im Zweifelsfall immer versuchen einen Antrag zu stellen!
Wohlgemerkt haben die meisten Solo-Selbstständigen noch nie zuvor Sozialleistungen bezogen und fühlen sich laut VGSD im Vergleich zu Kurzarbeiter*innen ungleich behandelt.
Ein Hoffnungsschimmer am Horizont: Mit Baden-Württemberg als Vorbild hat die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder die Bundesregierung aufgefordert, Hilfen für die Solo-Selbstständigen bereit zu stellen. Der Vorschlag sieht vor, den betroffenen Selbstständigen monatlich 1.000€ zuzüglich Betriebskostenzuschüssen zu zahlen – unter der Bedingung, dass sie corona-bedingte Umsatzeinbußen von mindestens 50% nachweisen können.
Leider hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier noch nicht auf diese Forderung reagiert.
Sobald wir mehr erfahren, lassen wir es Euch wissen.
Noch ein Hinweis: Wer wegen einer corona-bedingten Erkrankung behördlich unter Quarantäne gestellt wird oder einem Tätigkeitsverbot unterliegt und dadurch Verdienst-/Honorarausfälle erleidet, kann über die Landesgesundheitsämter eine Entschädigung beantragen. Nach dem Infektionsschutzgesetz erhalten auch Selbstständige und Freiberufler*innen den Verdienstausfall ersetzt. Basis für die Berechnung ist dabei die Einkommensteuererklärung vom Vorjahr.
Bei Informationen zu Lohnerstattungen, wendet Euch an das zuständige Gesundheitsamt. Die IHK Schleswig-Holstein hat hierfür eine Liste aller Kontaktdaten der Gesundheitsämter im Land zur Verfügung gestellt:
Auch das Landesamt für soziale Dienste bietet dabei Unterstützung:
* Information lt. der Muthesius Kunsthochschule Kiel – Team EXIST – exist@muthesius.de